Lederpflege

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Elektronenmikroskopische Aufnahme von Kollagenfasern.

Die Lederpflege bezeichnet Verfahren zur Konservierung und Restaurierung von Leder.

Lederpflege kann nach unterschiedlichen Kriterien unterschieden werden. Zur Minderung von Verschmutzungen ist bei modernen Ledern oftmals eine Beschichtung aufgebracht (engl. Anti-Soiling-Additive ‚Anti-Verschmutzungs-Zusatzstoff‘).

Nach der Herstellungsart

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Die verschiedenen Glattleder wie z. B. zugerichtete Leder (oberflächenbeschichtet und -gefärbt, überwiegend geschlossenporig), Anilinleder (durchgefärbt, offenporig, ohne Zurichtung), werden nach einer Lederreinigung mit einem Lederpflegemittel behandelt. Vollleder und Spaltleder werden je nach ihrer Oberflächenbehandlung (Anilinleder oder zugerichtetes Leder) behandelt.

Zugerichtete Leder besitzen eine Oberflächenbeschichtung, welche die Poren des Leders teilweise oder ganz verschließt und so die Neigung zur Verschmutzung mindert (verbessertes Anschmutzverhalten) und auch die Wasserempfindlichkeit mindert. Durch die Oberflächenfärbung kann bei stärker abgenutzten Stellen die Farbe des darunterliegenden ungefärbten, gegerbten Leders hervortreten, was eine gelegentliche Farbauffrischung des Leders erfordert.

Anilinleder besitzen keine feste Oberflächenbeschichtung, weshalb ohne eine Versiegelung Flüssigkeiten teilweise einziehen können und zur Reinigung ausschließlich milde Reinigungsmittel verwendet werden. Eine teilweise Porenversiegelung wird mit Suspensionen hydrophober Polymere erreicht, die in das Leder einziehen können und spätere Verfärbungen mindern. Ohne eine Versiegelung bildet Anilinleder aufgrund der Offenporigkeit eine Patina. Durch eine Versiegelung patiniert Anilinleder langsamer.

Rauleder sind ebenfalls offenporig und werden nach der Reinigung zuerst mit einer Gummibürste oder einem Gummiblock aufgebürstet und anschließend imprägniert.

Patinaleder (z. B. bei Chesterfield-Sitzmöbeln) werden mit einer abreibbaren Wachsbeschichtung in einem dunkleren Farbton versehen und stellenweise wieder entfernt, woher auch die Bezeichnung Wischleder (engl. Rub-off-Leather) stammt. Diese Beschichtung ist empfindlich gegenüber organischen Lösungsmitteln wie Waschbenzin oder Spiritus.

Nach der Gerbung

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Chromgegerbtes, aldehydgegerbtes Leder, vegetabil gegerbtes Leder und fettgegerbtes Leder kann mit den g�ngigen Reinigungs- und Pflegeverfahren behandelt werden. Bei Alaungegerbtem Leder ist das Gerbungsmittel nur in das Leder eingelagert, nicht kovalent verbunden, wodurch sich bei Wasserkontakt das Alaun wieder herausl�st und die Gerbung teilweise r�ckg�ngig gemacht wird.

Nach dem Ursprung

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W�hrend S�ugetierleder (z. B. vom Rind, Schaf, Ziege, Schwein, Hirsch, Pferd) und Vogelleder (z. B. Strau�) �hnliche strukturelle Eigenschaften besitzen und mit �hnlichen Mitteln behandelt werden, werden Reptilienleder (z. B. von Schlangen, Alligatoren, Krokodilen) und Fischleder (z. B. Lachs Nanaileder, Katzenhai Shagreen, Stechrochen Galuchat) meistens durch eine chemische Reinigung gereinigt. Im Anschluss an die Reinigung kann eine Impr�gnierung erfolgen. Um die Oberfl�chenstrukturen bei diesen empfindlicheren Lederarten zu schonen, sollten Reinigungs- und Pflegemittel nur aufgetupft und nicht aufgerieben werden.

Nach der Verwendung

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Bei der Pflege von Schuhen und Koffern aus Leder ist oftmals ein Oberfl�chenglanz durch Politur erw�nscht, weshalb meistens Schuhcremes verwendet werden, die feste, polierbare Wachse enthalten. Bei Kleidung aus Leder erfolgt nach einer chemischen Reinigung meistens eine Behandlung mit Lederfett oder eine Impr�gnierung. M�belleder, Automobilleder, Taschen, G�rtel, Geldb�rsen, Reits�ttel und lederne Bucheinb�nde werden nach einer Reinigung mit milden Reinigungsmitteln zuletzt mit Lederfett gepflegt. Nach einer Einwirkzeit (von 10 min. bis mehrere Tage) des Lederpflegemittels wird �bersch�ssiges Lederpflegemittel entfernt, um Flecken auf Textilien oder Papier zu vermeiden.

Ledersch�den durch Feuchtigkeit und mechanische Belastung an einem Nagelloch in einem Sattel
Roter Zerfall, Bruchsch�den und Abrieb an einem Buchr�cken

Leder besteht als gegerbter Tierhaut gr��tenteils aus quervernetzten Kollagenfasern. Diese Proteinfasern sollen im Zuge einer Lederpflege vor Umwelteinfl�ssen wie Schmutz, N�sse und Abrieb gesch�tzt werden. Die h�ufigsten Zersetzungen an Ledern sind Hydrolysen, Oxidationen, Schimmelpilzbefall, UV-Licht, Fettfra� durch Fetts�uren, Roter Zerfall (durch Schwefeldioxidbindung entsteht mit Luftfeuchtigkeit Schweflige S�ure, die eine Hydrolyse des Kollagens katalysiert), Abrieb und Knick- und Dehnungsbr�che. Daneben k�nnen verschiedene Arten der Speckk�fer zu Fra�sch�den f�hren.

Ein Wasserkontakt f�hrt aufgrund seiner Polarit�t zu einer starken Hydratation und einer Schwellung des Leders. Beim Trocknen schrumpft das Leder, wodurch sich die Kollagenfasern umlagern und das Leder h�rter wird. Daher werden Leder nach Wasserkontakt gewalkt, um die Geschmeidigkeit teilweise wiederherzustellen. Bei ungepflegten farbigen Ledern kann ein Wasserkontakt zu einer lokalen Diffusion des Farbstoffs f�hren, was in Wasserflecken resultieren kann, die nur durch Nachf�rben entfernt werden k�nnen.

Lederpflegemittel

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Lederpflegemittel erf�llen verschiedene Funktionen

Typische Lederpflegemittel sind z. B. Schuhcreme, Lederfett, Leder�le oder Leder-Pflegemilch (Emulsionen mit Emulgatoren). Diese basieren meistens auf Paraffinen (�hnlich Vaseline, jedoch fester) mit weiteren Zus�tzen. Eine Beschichtung des Leders mit Lederpflegemitteln mindert den Kontakt mit Sauerstoff und Wasser und somit die Oxidation und die Hydrolyse des Leders. Lederpflegemittel auf der Basis von Fetten biologischen Ursprungs werden ebenso angeboten. Diese Fette k�nnen ranzig werden und langfristig zum Fettfra� f�hren. Weiterhin enthalten Lederpflegemittel gelegentlich Paraffin-l�sliche Stoffe zur Minderung der Oxidation und zum Schutz vor UV-Licht, z. B. Propylgallat, Tocopherol oder O-Phenylendiamin. Daneben werden oftmals Duftstoffe zugesetzt und bei farbigen Lederpflegemitteln noch Pigmente. Bei farbigen Ledern wird aufgrund der mit der Zeit verdunkelnden Patinierung des Leders meist ein Farbton des Pflegemittels gew�hlt, der geringf�gig heller als der Farbton des Leders ist.[1]

Schuhcremes, Schuhwachse und Pomaden enthalten zus�tzlich zu Paraffinen noch Wachse f�r einen h�heren Glanz nach einer Politur und eine h�here Abriebfestigkeit. Seit den 1990er Jahren werden auf zunehmenden Kundenwunsch auch Bienenwachs oder Carnaubawachs zugesetzt. Die nat�rlichen Wachse besitzen eine geringere Festigkeit als Hartwachse und f�hren zu einer erh�hten Haftreibung und somit zu einem erh�hten Stick-Slip-Effekt und zu einem st�rkeren Knarzen bei einer Reibung von Lederfl�chen aneinander.

Lederfette sind oftmals weniger viskos als Schuhcreme, um tiefer in das Leder einziehen zu k�nnen und eine weichere Haptik zu erzeugen.

Impr�gniermittel

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Ein Impr�gnierungsmittel besteht meistens aus Paraffin mit L�sungsmitteln, das in Aerosolen verwendet wird. Daneben existieren auch Impr�gnierungsmittel auf Basis von Silikon�l (Silikonsprays) und Fluorkohlenwasserstoffen (Teflonsprays).[2]

Vor einer Lederpflege erfolgt meistens eine Lederreinigung, um ein Einarbeiten von Schmutz in das Leder bei der Lederpflege zu vermeiden. Die schonendsten Lederreinigungsverfahren sind das PER-Verfahren (mit Perchlorethylen) und das KWL-Verfahren (mit Kohlenwasserstoff-Lösungsmitteln), welche aufgrund des technischen Aufwands zur Rückgewinnung der eingesetzten organischen Lösungsmittel von professionellen Reinigungsbetrieben angeboten werden. Durch die Verwendung von organischen Lösungsmitteln können Kunststoffanteile in einem Leder-Kunststoff-Verbundmaterial angegriffen werden. Daher wird die Materialechtheit an unauffälliger Stelle überprüft, indem das Lösungsmittel an einer innenliegenden (nicht direkt sichtbaren) Stelle des Kunststoffanteils aufgetropft und nach etwa einer Minute abgewischt und begutachtet wird. Die unpolaren organischen Lösungsmittel (KWL und PER) werden bei der Lederreinigung verwendet, da im Vergleich zu wässrigen Lösungsmitteln nur wenig Quellen und Schrumpfen des Leders auftritt und die von der Haut des Benutzers stammenden Fette wieder extrahiert werden.

Für den Heimgebrauch werden Leder zuerst mit einer weichen Bürste von anhaftendem Schmutz und Staub befreit. Mit einem mit wenig Wasser befeuchteten Wischlappen können wasserlösliche Bestandteile wie Salze und andere polare Stoffe (Erde, Nahrungsmittel) entfernt werden. Anschließend erfolgt eine Lederreinigung mit einem Wasser-basierten Reinigungsmittel. Als wässrige Lederreinigungsmittel werden meist milde Tenside wie langkettige Fettalkohole (z. B. Cetylalkohol oder Stearylalkohol) oder nichtionische Tenside eingesetzt, bei unempfindlicheren und nicht im sauren pH-Bereich gegerbten Ledern auch Sattelseife. Ein Durchnässen des Leders ist bei einer Lederreinigung wegen des Quellens und Schrumpfens zu vermeiden. Anschließend werden mit einem mit wenig Wasser befeuchteten Lappen die Reinigungsmittel entfernt, damit sie sich nicht im Leder anreichern. Dadurch erhält sich langfristig ein besseres Anschmutzverhalten des Leders, da Verschmutzungen in Anwesenheit von Tensiden leichter in das Leder einziehen können. Kurzkettige Alkohole wie Ethanol können vor allem in höheren Konzentrationen (z. B. Spiritus) die Proteine im Leder denaturieren, was bei Ledern ohne Zurichtung (z. B. Anilinleder, Rauleder) die Oberfläche beschädigen kann.

  • Fritz Stather: Gerbereichemie und Gerbereitechnologie, 4. Auflage, Akademie Verlag, Berlin 1967.
  • Axel Himer, Kim Himer: Das große Buch der Lederpflege: Schuhpflege – Bekleidung – Möbelpflege, 2011, Heel. ISBN 978-3-86852-458-1.
  • Cyrus Badde: Lederpflege Auto und Sofa: Ein Leitfaden zur Lederpflege, 2023, ISBN 9791222419138

Einzelnachweise

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  1. John Lobb: How to take good care of your shoes, 2013, Peninsula Press. (Broschüre, englisch).
  2. H. Schulz: Hochwertige naturbelassene Polsterleder mit hohen Echtheiten und geringen Emissionen (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.filkfreiberg.de, Forschungsinstitut für Leder und Kunststoffbahnen (FILK). Abgerufen am 12. März 2013.