Unified Communications

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Unified Communications (UC) (englisch für „vereinheitlichte Kommunikation“), oft auch Real-Time Communication (RTC) (englisch für „Echtzeitkommunikation“) genannt, ist ein Marketing-Begriff und beschreibt die Integration von Kommunikationsmedien in einer einheitlichen Anwendungsumgebung. Die Idee hinter Unified Communications ist, durch eine Zusammenführung aller Kommunikationsdienste und die Integration mit Präsenzfunktionen, wie sie aus Instant Messengern bekannt sind, die Erreichbarkeit von Kommunikationspartnern in verteilter Arbeit zu verbessern und so geschäftliche Prozesse zu beschleunigen. UC kann als Erweiterung von Unified Messaging verstanden werden; Letzteres bezieht sich auf die Nachrichtenintegration in einem Portal und damit auf asynchrone Medien, während UC die Integration synchroner Medien zum Ziel hat.

Verteilte Arbeit in Teams und Projekten ist oftmals gekennzeichnet durch schlechte Erreichbarkeit der Teammitglieder und das Fehlen der so genannten Context Awareness, in der Teamarbeit (CSCW), dem Wissen für das, was andere Teammitglieder tun oder ob sie erreichbar sind.[1] Darüber hinaus ist die Kommunikation am Arbeitsplatz heute häufig komplex und dominiert durch Unterbrechungen und Störungen. Gleichzeitig steigt die Anzahl verfügbarer Medien und Geräte, die dem durchschnittlichen Anwender zur Verfügung steht.[2] Das Paradoxe an dieser Situation ist, dass trotz erweiterter Kommunikationsmöglichkeiten sich die Erreichbarkeit weiter verschlechtert, während die Komplexität weiter steigt.[3]

UC als technische Lösung der genannten Probleme

Unified Communications Systeme (auch Real-Time Communication-Systeme genannt) werden von ihren Herstellern als Antwort auf die oben beschriebene Situation positioniert.[4] Diese Systeme sind das Ergebnis der Konvergenz von Groupware, neuen Kommunikationsmedien (VoIP und Instant Messaging) und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Es handelt sich um integrierte Kommunikationsinfrastrukturen, die die Verbesserung der Kommunikation zwischen Menschen zum Ziel haben.[5] Die Hersteller versprechen eine Entlastung beim Management der eigenen Kommunikation (und deren Komplexität), die Verbesserung der Erreichbarkeit in verteilter Arbeit und mehr Awareness für die Erreichbarkeit (Stichwort Präsenz).

Unified Communications als Technologie und Konzept l�sst sich in vier Teilbereiche unterteilen, d. h., es gibt vier Kernfunktionalit�ten, die in Kombination das ausmachen, was landl�ufig mit Unified Communications beschrieben wird[3]. Offen ist dabei, ob man nur dann von UC sprechen sollte, wenn L�sungen alle vier Bereiche unterst�tzen, oder ob die vier Bereiche eher als Bausteine zu sehen sind, die den UC-Markt beschreiben, wobei Hersteller einzelne Bausteine anbieten k�nnen.

Medienintegration

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

UC basiert auf der Idee der Medienintegration, d. h. der Integration von (insbesondere synchronen) Medien mittels einer logischen, technischen Steuerungsschicht. Hierdurch soll der Nutzer bei der Verwaltung von Kommunikationsmedien und Ger�ten je nach Kontext entlastet werden. Dabei basiert UC technisch auf IP-Technologie, kann aber auch traditionelle und mobile Telekommunikationsger�te und Anlagen (Stichwort ISDN, GSM und PSTN) einbinden. Ein regelbasiertes Managementsystem unterst�tzt den Anwender bei deren Verwaltung und bei der Auswahl der jeweils in einer Situation geeigneten Medien. Eine logische Steuerungsschicht sorgt daf�r, dass eingehende Kommunikationsvorg�nge automatisch auf die vom Anwender situativ bevorzugten und gerade verf�gbaren Endger�te weitergeleitet werden. Hierf�r m�ssen die Medien (Text, Audio, Video), Ger�te (Mobiltelefon, IP-Telefon etc.) und Softwareclients (Instant-Messenger, Video- und Audioclients) im UC-System registriert konfiguriert sein. Die hinterlegten Regeln k�nnen komplex sein: Sie k�nnen sich auf einzelne Anrufer, auf Tageszeiten und verschiedene Endger�te beziehen[5].

Pr�senzinformation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pr�senzinformationen sind aus Instant-Messaging-Tools bekannt; sie signalisieren dort durch ein entsprechendes Icon die Erreichbarkeit eines Kontakts. In einem verteilten Arbeitskontext fehlen traditionelle Signale, wie die physische Anwesenheit und die K�rpersprache von Rezipienten, die die Verf�gbarkeit f�r die Kommunikation signalisieren.[6] Das Ziel von UC-Systemen ist es, diese mangelnde Awareness durch technisch vermittelte Signalisierung auszugleichen. Die geschaffene Awareness durch Pr�senzinformationen soll so helfen, das Management der Erreichbarkeit in Gruppen zu verbessern.[7] Im Unterschied zu Instant-Messaging kann UC wesentlich komplexere Formen der Signalisierung erm�glichen. So kann der Pr�senzstatus einerseits detailliert auf Ger�teebene ermittelt und dargestellt werden; so kann ein Initiator einsehen, ob ein Empf�nger gerade z. B. per Telefon erreichbar ist. Dar�ber hinaus kann der Pr�senzstatus von Personen auf Gruppenebene aggregiert oder an beliebige Objekte (z. B. Dateien) in anderen Software-Anwendungen angeh�ngt werden. Ein Pr�senzstatus auf Gruppenebene erm�glicht es z. B. gezielt �ber die Erreichbarkeit aller Gruppenmitglieder informiert zu werden, wenn z. B. eine Telefonkonferenz einberufen werden soll.[7]

Kontextintegration

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den vollen Nutzen entfalten UC-L�sungen erst, wenn sie in den Arbeitskontext der Anwender integriert werden[3]. Eine solche Integration meint z. B. die Bereitstellung von Pr�senzinformation in Drittanwendungen und Prozessen und die M�glichkeit, direkt aus Drittanwendungen (ERP, CRM etc.) eine Kommunikation ausl�sen zu k�nnen. Die Idee ist, dass wann immer der Name eines im UC-System registrierten Nutzers in der Anwendung auftaucht (z. B. als Autor eines Dokumentes), dort auch der Pr�senzstatus angezeigt wird und per Klick eine Kommunikation ausgel�st werden kann. Hierzu wird die Anfrage an das UC-System �bergeben und z. B. eine IP-basierte Videokonferenz aufgebaut.

Zweitens meint die Kontextintegration eine Integration des Arbeitskontexts in der umgekehrten Richtung: Die Verkn�pfung von relevanten Daten, Werkzeugen und Prozessen mit der Kommunikation. Ein Beispiel hierf�r ist das automatische Bereitstellen von Kundendaten bei eingehender Kommunikation durch den Kunden. Ruft der Kunde z. B. �ber seinen im System hinterlegten Telefonanschluss an, bekommt der angerufene die Kundendaten auf seinem Monitor angezeigt. Dies ist vor allem in Call-Centern eine wichtige Arbeitserleichterung, da alle Informationen �ber den bisherigen Kundenkontakt direkt verf�gbar sind und nicht erneut erfragt werden m�ssen.

Weitere Kooperationsfunktionen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als vierter Baustein ist die Anreicherung der Kommunikation in UC mit Kooperationsfunktionen zu nennen. Die Idee hierbei ist, dass aus Real-Time Communication auf diese Weise Collaboration wird. Dies wird auch als E-Collaboration bezeichnet. Typische Kooperationsfunktionen, die systemseitig hinzugeschaltet werden k�nnen, sind: Web-Conferencing, interaktives Whiteboard und Application-Sharing. Auf diese Weise wird z. B. eine Ad-hoc-Zusammenarbeit an Dokumenten aus dem Arbeitskontext heraus erm�glicht.

Bekannte Anbieter von UC

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anbieter von UC-L�sungen haben unterschiedliche, historisch gewachsene technische Hintergr�nde. Die relevanten Bereiche sind dabei vor allem Netzwerkelemente (etwa Router, Switches), Telefonanlagen und IT-Anwendungen (etwa Groupware, Office-Suiten). Da die einzelnen Anbieter, bis auf Cisco, nicht alle notwendigen Elemente f�r eine UC-L�sung aus einer Hand liefern k�nnen, sind sie einerseits auf Zusammenarbeit angewiesen. Andererseits konkurrieren sie mit zum Teil sehr �hnlichen L�sungen. Der Markt ist daher stark von Coopetition gepr�gt.[8] Zu den bekannten UC-Anbietern geh�ren:

Je nach technischem Hintergrund der Anbieter verfolgen sie bei Entwicklung und Umsetzung ihrer UC-L�sungen unterschiedliche Strategien. Beispielsweise legt Cisco als Netzausr�ster einen Schwerpunkt auf netzbasierte Dienste. F�r traditionelle Anbieter von TK-Anlagen wie Panasonic, Unify oder Avaya sind Nebenstellenanlage und Sprachkommunikation nach wie vor wesentliche Teile ihres UC-Portfolios. Netzbetreiber wie beispielsweise A1 Telekom Austria, Colt Technology Services, Swisscom, T-Systems International (Deutsche Telekom) oder Verizon bieten UC als Hosting-L�sungen an.

Online-Literaturquellen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Jochen Nölle: Voice over IP: Grundlagen, Protokolle, Migration. 2. Auflage. VDE-Verlag, Berlin, Offenbach 2005, ISBN 3-8007-2850-8
  • André Liesenfeld: Unified Communication Praxisleitfaden Hanser, 2010, ISBN 3-446-41834-2.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. K. Riemer, S. Klein, F. Flößler. (2007) “Towards a practice understanding of the creation of awareness in distributed work.” Proceedings of the Twenty-Eighth International Conference on Information Systems, 2007.
  2. T. Rybczynski, M. Shetty (2005) "Unified Communications: Where the World is heading," Financial Executive June, Sp. 31–33.
  3. a b c Kai Riemer, Frank Frößler (2007): Introducing Real-Time Collaboration Systems: Development of a Conceptual Scheme and Research Directions, in: Communications of the Association for Information Systems (CAIS), Volume 20, 2007, S. 204–225.
  4. Arnold Picot, Kai Riemer, Stefan Taing (2008): Unified Communications, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik.
  5. a b Kai Riemer (2007): Präsenzbasierte Echtzeitkommunikation - Eine prototypbasierte Untersuchung der Nutzbarkeit im Unternehmensberatungskontext, in 8. Internationale Tagung Wirtschaftsinformatik, Karlsruhe, 28.02.-02.03.2007.
  6. J. Rennecker: Promoting Awareness in Distributed Mobile Organizations: A cultural and technological challenge. Proceedings of the GROUP'05. Sanibel, Florida, USA, November 6-9.
  7. a b Kai Riemer, S. Klein (2009): Presence Signalling in Unified Communication Systems - A Framework for Adaptation in Context, in: Internationale Konferenz Wirtschaftsinformatik, Wien, Feb 25-27, 2009.
  8. D Yedwab (2007) "What does UC mean?" Telephony 05/02/2007, S. 40.